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Die Erfindung des Bösen

Am Anfang war „das Gute“

Der Gegensatz zwischen „Gut und Böse“ ist wenige tausend Jahre alt. Zuerst musste „das Gute“ geboren werden, bevor etwas benannt werden konnte, das „nicht gut“ ist.

Pflanzen und Tiere sind weder gut noch böse.

Je nach Art kooperieren sie, oder sie fressen sich. Sie unterscheiden „nützlich oder schädlich“ für den Zellhaufen, der sie ausmacht. Sie befriedigen die Bedarfe ihres inneren Gewimmels. Sie wehren das sie umgebende Chaos ab.

Unsere Vettern, die Schimpansen sind schon weiter: Sie können andere erschlagen und Krieg führen. Ihre Zampanos herrschen solange, bis ein stärkerer sie entthront oder umbringt. Wer ihrer Bedarfsbefriedigung nutzt, wird gönnerhaft belohnt, wer sich dagegen auflehnt, bekämpft und unterworfen.

Die ersten Menschen konstruierten übergeordnete Machtsysteme.

Ihre kulturell erworbenen Hirnprogramme spiegelten das Verhalten ihrer Sippen: allen Tabu, Rituale und Regelsysteme, die den Stamm zusammenhielten. Das immer wieder von außen Gehörte und Erlebte, beherrschte sie. Und nicht nur die affenartig äußeren Machtdemonstration.

Etwas in ihrem Inneren erschien ihnen als Vision, Stimme, Orakel, Erscheinung oder Traum, und lenkte sie. Im Zustand von Besessenheit wurden sie zu Opfer-Ritualen und Tabu-Gehorsam gezwungen: gegen direkte persönliche Interessen. Das, was wir heute Psychose nennen würden, nutzte damals dem Erhalt der eigenen Gruppe. Denn es half Frühmenschen, sich gewaltsam gegen andere zu behaupten, die von fremden Visionen gesteuert wurden. Ihre jeweiligen Trance-Geister waren ähnlich herrschsüchtig, verführerisch, gewalttätig, unberechenbar, geil, wirr, eifersüchtig und egoistisch. Besonders brutal gebärdeten sie sich, nachdem es den Herrschern versklavter Bauern gelang, die Nomaden ihres Umfeldes zu verdrängen.

Echnaton: Sonnenhymnen, Reclam 2007. „Die Sonne“ vertreibt die Willkür der Tance-Rituale der alten (entmachteten) Priester. Sie durch dringt alles. Sie wirkt nutzbringend. Für alle Wesen und Ausdrucksformen des Universums. Sie ist ohne Ausnahme „gut“, für die Gesamtheit dessen, was existiert: Erde, Pflanzen, Tiere, Menschen.

Die Erfindung des Guten

Vor etwa 3.400 Jahren verbannte Amenophis IV die Herrschaft widerstreitender Stimmen in die Unterwelt seines Bewusstsein. Er definierte ein, der Besessenheit übergeordnetes, Prinzip des Guten, dass alles durchstrahlte. Und stufte sich selbst zurück, vom lebenden Gott (Pharao) zu Echnaton, dem untergeordneten Diener. Sein „Gutes“ kannte kein Böses. Aber es war schwach. Nach seinem Tod wurde es durch eine Gegen-Revolution frustrierter Trance-Priester weggefegt, und der Name des Ketzers Amenophis IV wurde aus der Liste der Pharaonen gestrichen. .

Den christlichen Kirchen im Westen laufen die Gläubigen weg. Ihre Hierarchien bieten keine Visionen mehr, die ziehen. Scan: Rotenburger Kreiszeitung, 16.04.2022

Auch Zarathustra, der zweite große Religionsstifter des Westens, erschuf zuerst das „Gute“. Das Prinzip eines alles durchdringenden, in sich ruhebenden Gottes (Ahura Mazda). Allerdings gestand er den Menschen die Freiheit zu, sich aktiv für „Gutes Denken, Gutes Reden, Gutes Handeln“ zu entscheiden. Folglich musste es für ihn einen (vorübergehend) verwirrten Geist geben, der nicht gut sei. Seither ist sein Ahriman (das Zerstörerische, Teuflische, Verderbte, Bösartige) in der Welt. Es beherrscht bis heute alle Ablenkungs- und Kriegs-Mythen.

Im ersten Gottesstaat des Zarathustra spielte Ahriman allerdings neben dem „Guten“ eine untergeordnete Rolle. Das eindeutig Böse (als rassistischer oder ideologischer Begriff) war noch nicht erfunden worden. Tatsächlich gelang es so einige Jahrhundert lang einen multi-nationalen Vielvölkerstaat in relativem inneren Frieden zusammenzuhalten. (Holland 2009).

Und heute?

Wenn Zerstörerisches auf Zerstörerisches trifft, entsteht nichts Gutes. Nur schreckliche Schäden und Wunden, die bestenfalls Pausen erzwingen, beim gegenseitigen Morden. In Kämpfen gewinnt der Stärkere. Vorübergehend. Denn in der Evolution setzen sich langfristig die durch, die sich in friedliche Ökosysteme integrieren. „Das Gute“ ist dem „dem Bösen“ (mit der Zeit) überlegen.

Es reicht nicht, Böses abzuwehren. Wir müssen Gutes entwickeln.

“ … Krieg ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Deshalb sind wir entschlossen, keinerlei Krieg zu unterstützen und uns um die Beseitigung aller Kriegsursachen zu bemühen. Es ist schwer jetzt ruhig und vernünftig zu bleiben, aber mit Unterstützung der globalen Zivilgesellschaft ist es einfacher.“ Der Ukrainer Yuri Sheliazhhenko, in der Ukraine am 27.02., Zitat: Osterandacht, Ostermarsch Hamburg,18.04.2022)

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Vollständiger Artikel

Bösem entgegenwirken ist wichtig. Aber „Druck“ erlahmt, wenn der Tsunami der Gewalt zu groß, und die eigene Kraft zu klein ist. Wichtiger ist es: Visionen entwickeln, die Menschen begeistern. Sich für etwas Sinnvolles einsetzen, erschafft Energie. Hamburger Ostermarsch 18.04.2022 (Bilder Jäger)

Letzte Aktualisierung: 19.04.2022