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Genitale Selbstbestimmung

Unversehrtheit (Art. 2.2 GG) ist ein Menschenrecht

10 Jahre „Beschneidungsgesetz“

Mit dem §1631d BGB wurde am 12.12.2012 das nicht-therapeutische Abschneiden der Penisvorhaut an Kindern aus jeglichem Grund legalisiert. Der Geltungsbereich des Artikel 2.2 des Grundgesetzes wurde damit für männliche Kinder eingeschränkt.

Mogis e.V: „Mindestens 400 Kinder müssen jährlich nach akuten Komplikationen stationär nachbehandelt werden. … Aufgrund von §1631d BGB können ein angelegter Verband als ausreichende Betäubung, Elektrokauter als u.U. geeignetes Operationsbesteck und Eingriffe auf Küchentischen als grundsätzlich legal gelten. … eine an sich übliche Evaluation des Gesetzes nach fünf Jahren wurde abgelehnt.“ PM Mogis & BVKJ, 10.12.2022

In Deutschland ist die Rechtslage auch für Mädchen nicht eindeutig.

Bilder: intaction.org. Die Beschneidung ist ein „Mittel gegen Masturbation, welches bei kleinen Jungen fast immer erfolgreich ist. Die Operation sollte von einem Arzt ohne Betäubung durchgeführt werden, weil der kurze Schmerz einen heilsamen Effekt hat, besonders, wenn er mit Gedanken an Strafe in Verbindung gebracht wird. Bei Mädchen, so hat der Autor herausgefunden, ist die Behandlung der Klitoris mit unverdünnter Karbolsäure (Phenol) hervorragend geeignet, die unnatürliche Erregung zu mindern.“ John Harvey Kellogg, M.D., Treatment for Self-Abuse and its Effects, Plain Facts for Old and Young. Iowa 1888, S. 295.

Artikel 2.2 des Grundgesetzes garantiert allen Menschen das Recht auf Unversehrtheit. Artikel 3.3 des Grundgesetzes schließt geschlechtsspezifische Regelungen aus.

Daher widerspricht §1631d BGB (der Beschneidungen von Jungs erlaubt) dem §226a StGB (der Beschneidungen von Mädchen untersagt).

Die Voraussetzung für eine Rechtsicherheit aller Kinder ist daher die Abschaffung von §1631d BGB. (Hilgendorf, Medizinstrafrecht 2016)

In den USA wurde aufgrund einer ähnlich unklaren Rechtslage eine Ärztin in zweiter Instanz freigesprochen. Dr. Jumana Nagarwala rechtfertigte von ihr durchgeführte Verstümmelungseingriffe bei Mädchen mit folgenden Argumenten:

  • Ihre Religion habe es von ihr verlangt
  • Sie habe ihre Eingriffe hygienisch sauber durchgeführt
  • Sie verstümmele auch Jungs. (Video)

„Kosmetische Eingriffe“ an Minderjährigen

Seit Juni 2022 gilt in Deutschland eine Leitlinie für rekonstruktive als auch kosmetische Eingriffe am weiblichen Genitale (AWMF 009-019). Kosmetische Eingriffe am Genitale (female genital cosmetic surgery, FGCS, unterscheiden sich nicht grundsätzlich von Genitalverstümmelung (female genital mutilation, FGM) wenn sie bei nicht-einwilligungsfähigen Personen durchgeführt werden. (Shahvisi A: Clinical Ethics 2017, 12(2)102-108).

BBC 13.05.2022: Preis für Krankenschwester im Kampf gegen Zwangsheirat und Genitalverstümmelung.

Im Leitlinien-Text fehlt der Hinweis auf Minderjährige, bei denen kosmetische Eingriffe (FGCS) medizinisch nicht indiziert wären. Stattdessen wird angedeutet, dass Mädchen unter einem erhöhten psychischen Leidensdruck stehen könnten. Daher könne ggf. „FGCS medizinisch indiziert“ sein. Bereits im 19 Jhh. wurden Genital-Eingriffe „psychiatrischen Gründen“ vorgenommen. (Hulverscheid, Weibliche Genitalverstümmelung Mabuse 2000)

In den letzten Jahrzehnten stieg die Nachfrage nach Genital-Eingriffen im Rahmen von Störungen der der geschlechtlichen Identitätsfindung in der Pubertät („Gender-Dysphorie“). Dieses psychologische, kulturelle und gesellschaftliche Phänomen bietet wachsende Möglichkeiten für die Vermarktung (nebenwirkungsreicher) pharmakologischer und chirurgischer Interventionen. (Lenzen-Schulte, DÄB, 02.12.2022)

Zur Sicherung des Rechtes auf Unversehrtheit (gemäß Art 2.2 GG) reicht daher die Streichung des §1631d BGB nicht aus. Kinder müssen zusätzlich vor Missbrauch, Kommerz und Medikalisierung geschützt werden. U.a. durch Untersagung von

  • kosmetischen (d.h. medizinisch nicht indizierten) Genitaleingriffen,
  • bei nicht einwilligungsfähigen Minderjährigen,
  • unabhängig von ihrer Geschlechtszugehörigkeit.

Hinweise:

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Letzte Aktualisierung: 27.02.2023