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Tinnitus und Hörsturz

Die Welt ist Klang. Körperzellen schwingen in Rhythmen innerer und äußerer Bewegung. Wir nehmen sie wahr, wenn wir innehalten und lauschen.

Fische verfügen über ein Seitenlinienorgan, um Schwingungen im ganzen Körper zu spüren. Sie sind auch keineswegs stumm und können feine Impulse im Wasser Impulse hören.

Säugetiere besitzen ein Hörorgan. Benachbart dazu liegt der Gleichgewichtssinn, dessen Impulse mit den Informationen der Augen abgeglichen werden. Stimmt beides nicht exakt überein, wird ihnen übel. Reptilien dagegen ist das völlig egal.

Das Hörorgan verwandelt Luftbewegungen in elektrische Signale. Mathematisch genau. Diese Nervenimpulse werden weitergeleitet in das Mittelhirn. Dort werden sie mit den Signalen vieler anderer Informationsquellen verschaltet.

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Entweder reden, oder zuhören. Oder angreifen, fliehen oder in Ohnmacht fallen. Porges 2006 und Borg 1989

Dieser Vorgang wird bei Säugetieren (im Gegensatz zu Reptilien) aktiv beeinflusst. Menschen zum Beispiel können zu- oder weghören.

Auf dem Weg zur Hörrinde werden die aus dem Ohr kommenden Impulse mit anderen Sensationen verschaltet, die aus den inneren Körpersinnen (Propriozeption) oder aus den anderen Sinnesorganen einfluten.

In der Hör-Region des Großhirns wird geprüft, ob ein einströmendes Frequenz-Muster aufgrund der bisherigen Lebenserfahrung als eine Harmonie, ein Klang oder als ein Gefahrensignal gedeutet werden muss.

Das Gehörte erhält eine Bedeutung. Es wird in einen Zusammenhang eingeordnet. Es wird beachtet und aufmerksam verfolgt. Wenn es sich dagegen nur um sinnlose Hintergrundgeräusche handelt, wird der Datenmüll schnell wieder gelöscht.

Im Gegensatz zum Hörsinn konstruiert das Sehen, wie die „Welt da draußen“ aufgrund der Erfahrung wohl aussehen mag. Wir sehen nicht, wie die Realität tatsächlich ist, und auch nicht so, wie die Netzhautzellen sie ins Gehirn melden, sondern konstruieren Bilder und Muster, die praktisches Handeln erleichtern. Zum Beispiel „sehen“ wir an einer Netzhautstelle, an der wir absolut nichts sehen können, bruchlos den üblichen Hintergrund (Blinder Fleck). Wir lieben zweidimensionale Bilder, weil sie so einfach und klar erscheinen. Und vergessen dabei gern, dass die Umgebung in vielen Richtungen flimmert.

Dagegen gibt der Hörsinn die Rhythmen der Umwelt unverfälscht wider. Er zensiert weder ihre Dynamik noch ihre Komplexität. Aber er kann sehr wohl ‚genau hinhören‘ (z. B. in einem Orchester), oder überflutenden Geräuschmüll verdrängen (z. B. den Straßenlärm in einer Großstadt).

Viele Musiker:innen glauben daher, dass sich der Zugang zur Natur durch das Ohr besser erschließe.

Vollständiger Artikel

Inhalt

  • Das Ohr hört nicht
  • Wir hören Erinnerungen
  • Tinnitus-Tipps
  • Literatur
Letzte Aktualisierung: 03.09.2024