1. August 2024

Glück & Gesundheit

Wenig haben und reich sein. Bild: Jäger, Kamouane-Provinz (Laos) 2018

Inhalt

  • Glück ist leicht zu haben, Gesundheit nicht
  • Unglücklich sein
  • Glück haben? Oder fröhlich sein?
  • Ist Lachen gesund?
  • Aus vollem Herzen lachen
  • Brutto-Sozial-Glück (Link)

Glück ist leicht zu haben

Eigentlich reicht es, damit aufzuhören, unglücklich zu sein.
Statt: „Wenn es nicht klappt, noch: „Mehr desselben!“
(Paul Watzlawick)

Gesundheit ist eine Illusion

aab
Balance, Jäger 2014

Wir altern und sterben. Daran kann man leiden. Oder man erkennt, etwas noch bisher nicht tot ist und wächst. oder sogar gedeiht. Und sich verändert, in inneren und äußeren Beziehungen. Manchmal laufen solche Prozesse harmonisch ab. Dann bleiben die Reibungsverluste klein. Weil nur wenig Energie für innere und äußere Widersprüche oder für die Überwindung von Blockaden verbraucht wird.

Plätschert ein solcher Bach fröhlich durch Tal, kann man ihn gesund nennen, und ebenso das Leben in ihm und um ihn herum. Wird er durch eine Müll-beladenen Schlammlawine verschüttet, wird sein System gestört. Er erkrankt und wird einige Zeit benötigen, um zu einem neuen Gleichgewicht zurückzufinden.

Gesundheit und Glück hinterherhecheln, ist ungesund und macht unglücklich.

Unglücklich sein ist selbst verschuldet

Charles M. Schulz: Die Peanuts

Sicherheit ist wichtig! Aber sicher ist nichts.

Manchmal glauben wir unbekümmert, es könne uns nichts Böses geschehen. … Und schon begegnet uns jemand, der es besser weiß. Und der uns bisher ungeahnte Gefahren zeigt.

Eigentlich müssten wir in ständiger Unsicherheit und Angst leben.

Aber das verbrauchte zu viel und nutzlos Energie. Und es schadete unserer Fitness. Und es hielte uns davon ab, große Taten zu vollbringen.

Eine realistische Weltsicht ist in der biologischen Evolution sinnlos

Die Urmenschen, die die Kraft der Mammuts und das Klima am Rand der Gletscher realistisch beurteilten, hatten es vermutlich schwer, ihre Gene weiterzugeben. Wir stammen deshalb eher von den Jägern ab, die riesige Zotteltiere in wahnhafter Selbstüberschätzung mit primitiven Speeren angriffen, und die halb verhungert durch Eiswüsten stapften.

Um sich diesen Irrsinn anzutun, mussten unsere Vorfahren verrückt (optimistisch) gewesen sein:
Don’t worry be happy! (Bobby McFerrin)

Sind alle Tiere optimistisch?

Tiere nehmen das Staatengefüge ihrer Zellgemeinschaft ‚wahr‘ (zumindest in sehr einfacher Form). Sie unterscheiden ‚sich‘ von anderem. Anders könnten sie weder für ’sich‘ sorgen, noch die Bedürfnisse ihres Zellgefüges befriedigen.

Selbst ‚aufgeregte Hühner‘ und ‚dumme Gänse‘ sind dazu fähig:

Vögel sind in der Lage, komplexe negative und positive Emotionen zu erfahren, inklusive Furcht, Zukunfts-Vorstellungen und Angst. Sie treffen Entscheidungen, die nützlich für sie sind. Sie besitzen sogar eine einfache Form der Empathie (emotional contagion). Vögel verfügen über unterschiedliche Persönlichkeiten und prägen erziehend ihren Nachwuchs.  Und sie beobachten sich, lernen voneinander und betrügen sich auch. (Marino 2016, frei übersetzt)

Nicht nur Gorillas, Pferde und Hunde, sondern sogar Ratten empfinden ‚etwas‘. Und sie bewerten den Nutzen einer Wahrnehmung für sich und ihre Gruppe als ‚gut oder schlecht‘. Sie entwickeln Bilder einer Zukunft, die sie durch zielgerichtetes Handeln beeinflussen können. Und bei dieser aktiven Konstruktion ihrer Wirklichkeit erscheint ihnen die Realität als viel zu rosig (Rygula 2012).

Bee happy! Hummeln bei Sex (Bildquelle: Wiki)

Auch in Hummeln können emotional-ähnliche Zustände ausgelöst werden, in denen sie dann risikofreudiger als zuvor Ziele anfliegen, die sich in der Hälfte der Fälle später als ‚Nieten‘ erweisen können. „Glückliche Hummeln“ (happy bees) scheinen also auch schon optimistische Zukunfts-Strategien zu verfolgen. (Mendl 2016)

Der offenbar ‚tierisch-normale‘ Optimismus scheint beim Menschen noch etwas deutlicher ausgeprägt zu sein. Denn wir

  • verdrängen Risiken, die uns verunsichern, und nutzen z.B. den Straßenverkehr. (Risiko für Verletzung: 0,5% pro Einwohner und Jahr, Quelle: DVR)
  • glauben an Gewinne, selbst wenn die Wahrscheinlichkeit dafür verschwindend klein ist. (Lotto-Chance für ‚Sechs Richtige‘: 1:15 Millionen)

Menschen sind überzeugt, dass es gut werden wird.

Wir glauben an uns, und hoffen auf die Hilfe anderer (oder höherer Mächte). Und dabei überschätzen wir regelhaft unsere Möglichkeiten (Sahrot 2012).

Das ist auch sinnvoll, weil wir so in mehrdeutig-unklaren Situationen, eindeutig-klare Entscheidungen treffen können.

Das ist u. a. der Schlüssel zum Erfolg von Persönlichkeiten wie Donald Trump, dem nachgesagt wird, dass er sich nicht länger als maximal eine halbe Stunde auf eine Sache konzentrieren könne.

Die Befriedigung greifbar nahezu sehen, macht glücklich.

Verantwortlich für die tierischen Glücksgefühle ist u. a. Dopamin. Ein Hormon, dass „unternehmerisches“ Handeln begünstigt. Wenn Hummeln ein Dopamin-Gegenmittel gegeben wird (Fluphenazine), zeigen sie kein ‚emotions-ähnlich-optimistisches‘ Verhalten mehr (Mendl 2016).

Dopamin belohnt Anstrengungen, die zu einer Bedarfsbefriedigung führen sollen. Werden die Bedürfnisse dann nach dem Energieaufwand tatsächlich befriedigt (durch Fressen, Saufen oder Sex) fällt der Dopamin-Spiegel schlagartig wieder ab. Der Erfüllung eines Bedarfes folgt dann der Verdauungsschlaf.

Viele Menschen z. B. lieben z. B. Einkaufstouren in Konsum-Galerien, um ihrem alten  Jagdtrieb einen Ersatz zu bieten. Schon vor Betreten der Fußgängerzone steigt dabei der Dopamin-Spiegel an. Anschließend auf der Heimfahrt sackt die Dopamin-Wirkung wieder ab, und der Realismus schleicht sich zurück ins Bewusstsein. Von einem schlechten Gewissen geplagt, werden dann die vollen Einkaufstaschen angestarrt. Dopamin-verfälscht, war die finanzielle Situation möglicherweise viel zu optimistisch eingeschätzt worden. Und jetzt? War es wirklich nötig, den ganzen Mode-Plunders zu kaufen? Wird er überhaupt gebraucht?

Dopamin kann unsere Hirnaktivität auch langfristig prägen: Unter seinem Einfluss erinnern wir uns gerne an gute Erfahrungen, und vergessen unsere Misserfolge (Roy 2014). Selbst dann erscheint uns die Zukunft relativ chancenreich zu sein, wenn sie (z.B. bei zunehmendem Alter) immer weniger zu bieten hat (Chowdhury 2014).

So hoffen wir also, dass die Roulette-Kugel auf die Farbe rollen wird, auf die wir gesetzt haben. Und tun uns schwer damit aus unseren Fehlern zu lernen (s.u.), und mit dem Glücksspiel aufzuhören.

Dopamin, oder die Kunst, die Möhre im richtigen Abstand baumeln zu lassen

Dopamin wird beim Esel ausgeschüttet beim Anblick von Möhren, die vor seiner Nase baumeln. Getrieben von einer Dopamin-Illusion ist er dann sogar bereit, die Lasten seines Bauern zu ziehen. Allerdings müssen die Möhren genau den richtigen Abstand zu seinen Nüstern aufweisen. Er muss sie riechen können. Und glauben, sie fast schon zerbeißen zu können:

  • Wäre der Abstand zu den Möhren zu groß, bliebe der Esel stehen.
    Weil er erkennen würde, dass dieses Ziel unerreichbar wäre.
  • Hingen sie aber zu nahe, stoppte der Esel.
    Weil er die Möhre fressen würde.

Das, was für Esel die Möhre sein mag, ist für Bonobos der Sex. Auf ihren Regenwaldlichtungen wird Sex ständig angeboten, und für wenige Nettigkeiten bekommt man ihn auch. Deshalb arbeiten Bonobos nicht. Menschen aber wurden aus diesem Paradies vertrieben und erleben, dass ihre erotischen Traum-Männer und Traum-Frauen hohe Ansprüche haben. Sie wollen durch Leistungen überzeugt werden, und fordern Arbeit und Mühen.

Um Lastesel oder Menschen zu bewegen, müssen die Chancen so aussehen, als könnten sie real genutzt werden. Am besten steht der Gewinn schon vor Augen, und wurde bisher nur knapp verfehlt. Weil es dann trotzdem nicht klappt, ihn zu erhaschen, entstehen Frustrationen. Die dürfen nicht zu groß werden, denn sonst droht das Aufgeben. Deshalb verteilen professionelle Esel-Ausnutzer (wie Lotto) öfter kleine Gewinne. Etwa „5 € für zwei Richtige“, damit dann umso freudiger „10 € für den Super-Jackpot“ gesetzt werden.

So laufen auch die Handlungen der Mehrzahl der Filme und Computer-Spiele ab: Die Helden oder Heldinnen werden mit übermenschlichen Aufgaben konfrontiert, die sie eigentlich nicht bewältigen können. Dann schaffen sie es aber (noch endlosen Mühen und Gefahren) doch, und nun winkt ihnen das Glück in Form von Sex, Geld, Macht. Und damit sind die Geschichten zu Ende. Denn nach dem Happy End kann es nur noch langweilig weitergehen oder gar in einer Depression enden.

Es ist gut, die Realität optimistisch-falsch zu sehen. (Manchmal!)

Angesichts evolutionärer Überlebenschancen und auch menschlicher Verhaltensstrategien ist Optimismus sehr nützlich (Armor 2008).

Patienten, die an eine Zuversicht glauben, fühlen sich sicherer, eine schwere Krankheit zu überstehen. Und tatsächlich haben sie dann deutlich bessere Heilungschancen. Ihr Immunsystem arbeitet „beruhigter“ und damit effizienter. Deshalb wirkt in der Medizin (scheinbar) „Nichts“. Zumindest dann, wenn es in einer vertrauensvollen Beziehung angewendet wird, die Hoffnungsgefühle vermittelt.

Die meisten Menschen wagen es erst, die Wirklichkeit so zu betrachten, wie sie tatsächlich ist, wenn sie ‚sich selbst‘ sicher sind. Das kann angesichts schwerer Krankheit oder eines unübersehbar herannahenden Sterbeprozesses sehr schwierig sein.

Dann müssen sie darauf zu vertrauen, dass andere ihnen wohlgesonnen sind, und mit ihren Hilfsangeboten keine eigennützigen Absichten verfolgen.

Und schon wieder ist Optimismus gefordert.

Literatur

Glück haben? Oder fröhlich sein?

<Haben> kann man Glück, Geld, Macht, Gesundheit … <Sein> verändert sich: Fröhlich, traurig, zufrieden, unzufrieden, ärgerlich, wütend, leidenschaftlich, liebevoll ….

Selbstgespräch. Bild: Jäger, Kamouane-Provinz (Laos) 2018

Was man hat, muss festgehalten oder beseitigt werden. Je nachdem, ob man es haben oder nicht haben will.

Man könnte aber auch verbunden sein, mit dem, was gerade geschieht, ohne es zu haben.

Dabei sein und erleben. Beobachten, wie es sprudelnd wächst, sich wandelt, klingt und leuchtet. Und sich so selbst verändern.

In der Höhle … machten wir ein Feuer und aßen … bald goss es wie aus Eimern. Und der Wind heulte, wie ich’s noch nie gehört hatte. Es war ein richtiges Sommergewitter. Es war so duster, dass draußen alles wie in Tinte getaucht aussah … und dann tauchte ein Blitz alles in helles, goldenes Licht und man konnte für einen Moment Baumkronen erkennen, die ganz weit weg waren. „Jim, ist das nicht schön?“, fragte ich, „Ich möchte nirgendwo anders sein als hier. Gib mir noch mal’n Stück Fisch und ’nen heißen Maiskuchen .“ Mark Twain, Huckleberry Finn

Ist Lachen gesund?

Ja, manchmal.

Elektro-Lachen
Lach-Zwang durch Stromschlag. Duchenne 1862

Viele Studien (von 1946 bis 2013) scheinen zu belegen, dass Lachen gesundheits-förderlich sei, obwohl es auch negative Auswirkungen gäbe (Ferner 2013).

Es käme eben darauf an, welche Form des Lachens betrachtet würde:

  • heiter-humorvoll-fröhlich-schmunzelndes,
  • unwillkürliches (herausgekitzeltes),
  • oder bösartiges-verletzendes Lachen.

Lachend angreifen.

Schimpansen verlachen ihre Rivalen, wenn diese einen Schaden erleiden. Möglicherweise signalisieren sie damit den anderen Affen, dass sich ein gefährlicher Bedrohungszustand aufgelöst habe. Und das nun (nach Ärger, Angst oder Wut) wieder Sicherheit und Ruhe eingekehrt sei.

Menschen können darüber hinaus andere lächerlich machen, sie „in den Dreck ziehen“, als schwachsinnig verhöhnen, oder sie durch die Auslösung eines allgemeinen Gelächters ins Mark treffen. Lachen wird so zur wirksamen Waffe, die soziale Beziehungsgeflechte zerreißt, und Gegner vernichtet:

Das Gelächter, das mit dem Menschen aus dem Nebel der
Antike auftaucht, scheint einen Dolch in der Hand zu halten. Es gibt in
der Literatur der Antike über das Lachen so viele Beispiele für
brutalen Triumph, Verachtung und Fußtritte gegen den Besiegten, dass wir
annehmen dürfen, dass das ursprüngliche Lachen ausschließlich aggressiv
gewesen ist« Koestler 1966.

Wer von allen ausgelacht „sein Gesicht verliert“, dem bleibt manchmal nur noch der „ehrenvolle Selbstmord“.

Das Lachen (ist) eine grausame Waffe, die bösen
Schaden stiften kann, wenn sie unverdientermaßen einen Wehrlosen trifft;
ein Kind auszulachen ist ein Verbrechen! Lorenz 1963

Bösartiges Lachen löst primitive Aggressions-Programme des  Stammhirns aus. Und es unterdrückt zugleich die Fähigkeit, sich selbst zu beruhigen und mit anderen nutzbringend zu kommunizieren.

Da sich Stress aber langfristig negativ auf das Immunsystem und Herz-Kreislauffunktionen auswirkt (Bot 2017), ist aggressives Lachen vermutlich nicht nur für das Opfer ungesund.

Andere lächerlich machen

Den Mächtigen oder Verbohrt-Festgefahrenen dient das „Lächerlich-Machen“ von Ideen oder Personen als eine wirksame Abwehr von Un-Sicherheit. Als eine Stressprophylaxe, die davor bewahrt, eigene Vorurteile hinterfragen zu müssen. Neue oder ungewöhnliche Ideen oder kluge Argumente, die die eigene Position destabilisieren könnten fehlen, werden so einfach beseitigt werden, ohne sich damit auseinandersetzen zu müssen.

Für die Schwachen und Kreativen dagegen bleiben die bösen Witze hinter vorgehaltener Hand, die scharfen Zungen in kabarettistischen Kellern oder Spottlieder oft die einzig verbleibenden Mittel, um den Allmächtigen, die sie unterdrücken, „eins auszuwischen“.

Flüsterwitz 1934/35: „Das bisherige Strafgesetzbuch ist zu kompliziert und erscheint überflüssig. Es soll ein neues in Kraft gesetzt werden, das nur aus folgenden drei Paragraphen besteht: §1: Wer etwas unternimmt oder unterlässt, wird bestraft. §2: Die Höhe der Strafe richtet sich nach dem gesunden Volksempfinden. §3: Was gesundes Volksempfinden ist, bestimmt der zuständige Gauleiter.“

Krokodile lachen nicht.

Affen aber schon, zum Beispiel, wenn man sie kitzelt.

Herausgekitzeltes Lachen scheint also etwas mit Intelligenz und sozialer Bindung zu tun zu haben.

Kitzeln aktiviert Schmerzrezeptoren. Ähnlich wie ein Juckreiz. Das ist eigentlich unangenehm, aber doch nicht so bedrohlich, wie ein Schmerz, der eine körperliche Verletzung signalisiert.

Kitzel-Spiele machen sogar Spaß, weil sie die soziale Bindung verstärken (Provine 2001): Weil Lachen die Gehirnrhythmen der Beteiligten synchronisiert , aggressive Grundeinstellungen dämpft und emotional beziehungsreiches Verhalten begünstigt.

Ein anderer Wissenschaftler glaubt, kitzelndes Lachen sei lange vor dem humorvollen, aber wahrscheinlich nach dem primitiv-aggressiven, Lachen entstanden: Als Folge des Abstillens, wenn die Mutter das Kind von ihrer Brust abweise. Diese Verweigerung müsse das Kind als negativ empfinden. Die Mutter aber würde die aufsteigende Aggression im Kind in etwas Schönes umdeuten, in eine andere Qualität inniger Beziehung:

lieb haben
Bild: H . Maturana

„Ich habe dich lieb – aber lass mich in Ruhe!„.

So werde ein angedeuteter, innerer Konflikt explosionsartig im Gelächter neutralisiert. (Stollmann 2016)

Manchmal muss (!) man lachen.

Zum Beispiel auf bestimmten Karnevals-Sitzungen. Um solche, organisierten Lach-Veranstaltungen ertragen zu können, sind hohe Alkoholspiegel nötig, die das kontrollierende Frontalhirn ausschalten. Deshalb darf dort auch das „Tä-tä-tä“ nicht fehlen, weil sonst bei flachen Witzen der Lacheinsatz verpasst würde.

Es kann aber noch schlimmer kommen: Wenn ein mächtiger Chef schale Witze aufwärmt oder bösartige Zoten reißt, und man befürchten müsste, abserviert zu werden, wenn man (oder frau) nicht mit-lacht.

Psychisch-körperlichen Verkrampfungen dieser Sorte können eigentlich auf die Dauer nicht gesund sein. Trotzdem behaupten manche, es wirke sich auf körperliche und geistige Funktionen günstig aus, selbst dann zu lachen, wenn einem nicht zum Lachen zumute ist.

Denn schließlich würden beim Lachen Muskelgruppen aktiviert, deren Ausdruck mit einer depressiven Grundhaltung oder mit Wut nicht vereinbar ist.

Und so sorgen Lach-Therapien, Klinik-Clowns oder Lach-Yoga-Events  für positives Denken. Insbesondere dort, wo es sonst an Empathie und Kommunikation mangelt.

Das ist sicher gut fürs Geschäft. Aber sonst?

Aus vollem Herzen lachen

Fröhlich, frech und gesund. (Jäger, Tansania 1983)

Lachen stärkt die Beziehung … wenn gemeinsam, fröhlich und spielerisch gelacht wird.

Oder wenn sich jemand mit verschmitzten Humor über sich selbst lustig macht.

Auch Bonobo können schon freundlich-friedlich-lach-ähnlich grimassieren. Vermutlich verhilft  ihnen dieses Verhalten zu einer spielerischen Kommunikation, die ihre sozialen Bindungen fördert.

Menschen können aber noch mehr. Weil wir aufrecht gehen, und so Brustkorb, Zwerchfell und Rippenmuskeln unbelastet und frei schwingen, können wir „aus vollem Herzen lachen“. Dabei werden zusätzlich die Stimmbänder und die Gesichtsmuskulatur gelockert, und auch die weit vom Herzen entfernten Blutgefäße geweitet (Seiler 2005).

Lachend schlägt dann das Herz (sympathisch angeregt) „höher“, wird aber zugleich mit der vertieften Ausatmung durch den Vagus-Nerven gedämpft (so genannte Respiratorische Sinusarrhythmie). Und wenn sich dann jemand „vor Lachen ausschüttet“, wird schließlich der ganze Körper einbezogen und durchgeschüttelt.

Säuglinge lachen (noch) nicht

Herzliches Lachen erfordert die Ausreifung bestimmter Nerven-Funktionen. Und das dauert mindestens ein Lebensjahr:

  • Vorgeburtliche Hirnentwicklung
  • Hirnentwicklung im Rahmen früher Beziehung: (1/2) und (2/2)
  • Video: lachendes Klein-Kind

Trotzdem ist die normale Einstellung eines Kindes von Beginn an fröhlich

Aufmerksame Mütter und Kinderärzt:innen spüren, dass ein Kind krank ist, sobald es aufhört, „guter Dinge“ zu sein. Denn für ein Kleinkind ist eine positive Einstellung normal.

Intelligent Lachen können Kinder ab dem Kasperle-Alter (mit frühestens drei bis fünf Jahren). Dann beginnen Kinder zu verstehen, dass jemand anderes denkt, oder fühlt, dass ein anderer etwas glaubt. Deshalb müssen beim Kasperle (anderes als beim Kinderkanal) die Spielfiguren mit den Kindern reden und kommunizieren.

Humorvolles Lachen

Lachende können sich mit schmunzelnder Fröhlichkeit selbst infrage stellen. Und sich sogar (manchmal) über ihre Weltanschauungen und Wahrheiten lustig machen.

Dabei dämpfen sie ihr autonomes Nervensystem und die Herz- und Lungenfunktion, die sonst bei Verunsicherungen gestresst reagieren würden. Damit sie das können, brauchen sie Sicherheit und Selbstvertrauen, damit Neugier, Überraschung und Freude nicht bei zu starker Verunsicherung in Angst umschlägt.

Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass fröhlich-friedvolles Lachen Stressreaktionen besänftigt und sich so nachweislich positiv auf die Regulierung des kardiovaskulären Systems auswirkt. (Miller 2009, Higgins 10, Kob 2008)

Eine positive Grundstimmung löst Verspannungen und Verkrampfungen.

Bereits vor drei Jahrtausenden behaupteten chinesische Philosophen, dass es für die Gesundheit günstig sei, wenn sich der Geist in einem Zustand „Inneren Lächelns“ befinde, bevor man handele. Denn so könnte „das Herz die Führung übernehmen“, und Geist und Körper würden ihm so willig nachfolgen.

Tatsächlich ist das Herz der grundlegende Rhythmusgeber des Körpers, der lange vor der Hirnfunktion eines Embryos den Puls des Lebens vorgibt, in den sich alle anderen Zellen einfügen. Die anatomische Verbindung des Herzens zum Gehirn ist mindestens ebenso stark, wie die von der Steuereinheit im Stammhirn zum Herzen.

Hirn und Herz bilden eine Funktionseinheit, einen Schwingungszusammenhang, in dem beide Organe (sich im Zusammenklang mit anderen) jeweils gegenseitig beeinflussen, oder sich in Resonanz verstärken oder dämpfen.

Humorvoll-fröhliches Lachen lockert diese Beziehung auf. Es stärkt die Wahrnehmung der Gegenwart, gegenüber der Zukunftsangst oder dem depressiven Kleben an der Vergangenheit.

Lachen

Literatur

  • Bot I et al.: Stressed brain, stressed heart? Lancet 11.01.2017
  • Duchenne GB: Mécanisme de la physionomie humane. Analyse electrophysique de l’expression des passions. Ve Jules Renouard, 1862
  • Higgins JP: Altitude and the heart: is going high safe for your cardiac patient. Am Heart J 2010, 159(1):25-32
  • Kop WJ et.al.: Effects of acute mental stress and exercise on inflammatory markers in patients with coronary heart disease and health controls. Am J Cardiology 2008, 101(6)767-77
  • Kop WJ et.al.:The role of immune system parameters in the relationship between depression and coronary artery disease Psychosom Med 2005, 67 (Suppl1):S37-41
  • Ferner RE: Laughter an Mirth. BMJ 2013, 347:f7274 (Volltext)
  • Miller M: The Effect of mirtthful laughter on the human cardiovascilar system. Med Hypotheses 2009, 73(5):636ff. – Video 2009 – Video 2015
  • Provine R: Laughter: A Scientific Investigation. Pinguin 2001, Zusammenfassender Kommentar
  • Seiler B: Laughter helps blood vessels, 2005, Univ. of Maryland
  • Stollmann R: Groteske Aufklärung. Studien zur Natur und Kultur des Lachens 1997.  Interview
  • Tawakol A eta l: Relation between resting activity and cardiovascular events. The Lancet 2017, 389:834-835
Letzte Aktualisierung: 02.08.2024