Mikrobiom: Ökosystem Mensch
Menschen sind »Superorganismen«.
Sie bestehen nicht nur aus Zellen, sondern (u. a.) auch aus Viren und Bakterien. Diese Einzel-Lebewesen sind untereinander und mit Darm, Gehirn, Nerven-, Stoffwechsel- und Immunsystem und Bewegungsapparat verwoben. Sie wirken harmonisch in einem komplexen System. Sie sichern die flexible Anpassung des Organismus an äußere Belastungen.

Bedeutung erster Lebenstage
Guter Start: Vorausetzung für lebenslange Gesundheit
In den ersten Lebenstagen und Wochen ist das Gleichgewicht zwischen unreifem Darmepithel, Immun- und Nervenzellen und dem intestinalen Mikrobiom noch instabil. Die postnatale mikrobielle Ausreifung verläuft parallel zur Hirnentwicklung und zur Ausgestaltung der Immunfunktion. Diese frühe Interaktion zwischen Bakterien, Immunfunktion und Nervensystem beeinflusst so auch die kognitive, immunologische und motorische Entwicklung des Kindes.
Zur Prävention psychiatrischer, neurologischer und Bildautoimmunologischer Erkrankungen ist es notwendig, Schwangere, Mütter, Feten und Neugeborene in dieser essenziell wichtigen Lebensphase umfassend zu schützen. Nicht zwingend notwendige medizinische Interventionen sollten möglichst unterlassen werden.
Ökosystem Zelle
Menschliches Erbgut außerhalb des Zellkerns
Mitochondrien schwimmen in der Zellflüssigkeit. Sie verschmelzen miteinander, teilen sich und werden, sobald sie kränkeln, abgebaut und verdaut. Diese kleinen Lebewesen sind für wesentliche Zell-Funktionen verantwortlich:
- Atmung
- Stoffwechsel
- Energiebereitstellung
- Übertragung von Immuninformationen, uva.
Störungen der Mitochondrien führen zu ernsten Fehlfunktionen der Zellen, u.a.
- Überschießende Immunreaktionen
- Krebs
- Neurodegenerative Erkrankungen … uva
Mehr
- Ökosystem Zelle: Die Bedeutung der Toleranz der Mitochondrien für Gesundheit und Lebenslänge. Internistische Praxis 15.03.2021, IP 2021 63(3)373-380 (pdf 150 KB)
- Die Entwicklung des Ökosystems Mensch. Gynäkologische Praxis 2020, 46(2)187-197
- Die Entwicklung des Ökosystems Mensch. Internistische Praxis 2019, 61(39)373-383
- Artensterben
- Immunentwicklung des Neugeborenen. Gynäkologische Praxis 2018, 43_138-145
- Bonding
Notizen seit 3/2021
Mitochondriale Erkrankungen betreffen alle Organe mit hohem Energieverbrauch
Besonders für das Gehirn und das Herz ist die Gesundheit der Mitochondrien unentbehrlich. Störungen der Mitochondrien beschleunigen in diesen Organen Alterungsprozesse. Genetische Faktoren (u.a. die Qualität der von der Mutter übertragenen mitochondrialen DNA), Stress und Umweltgifte erhöhen das Risiko für mitchondriale Erkrankungen. Zurzeit glaubt man, dass in Deutschland einer von 470 Neugeborenen an einer Mitochondrienstörung erkranken wird. (Klopstock 2021)
Geraten Mitichondrien unter Stress (durch Sauerstoff- und Bewegungsmangel, Medikamente oder Giftstoffe, einseitige Ernährung, Cortison … uva) verändern sie ihre Form und beginnen sich unsymmetrisch-abschnürend zu teilen. Ein Verhalten, das sich von normalen Teilungen bei Zellwachstum deutlich unterscheidet. Nicht-typische Einschnürungen können zu Verletzungen und Funktionseinschränkungen führen. Sie sind ein deutliches und gefährliches Krankheitszeichen der Zelle. Die Rolle der Mitochondrien für die Zellgesundheit wurde bisher unterschätzt (Kleele: Nature 2021, 593:435-39 , Chakrabati: Nature 05.05.2021)
Covid-19: Mitochondrien-Störung triggert Autoimmunreaktion
SARS-CoV-2 stört insbesondere die funktionelle Einheit von Endoplasmatischem Retikulum und Mitochondrien, die für die Einweißherstellung der Zelle verantwortlich ist. (Scudellari 2021). Wenn dabei die mitochondriale Membran löchrig wird, oder wenn Mitochondrien zerfallen, gelangen Teile der mitochondrialen DNA in die Zellflüssigkeit. Die Folge sind dann starke Immunreaktionen, generalisierte Alarmsignale der Zelle, und schließlich eine allgemeine Aktivierung der Immunreaktion des ganzen Körpers, die zu langfristigen Schäden führen kann. (Valdés-Aguayo 2021)
Dieser Effekt scheint umso umso stärker ausgepägt zu sein, je älter die Mitochondrien und je stärker sie vorgeschädigt oder beeinträchtigt sind. Auch Adipositas ist von Bedeutung, weil damit eine erhöhte Entzündungsbereitschaft einhergeht, und bei höherer zellulärer Masse mehr mitochondriale Zytokine freigesetzt werden. (Martínez-Colón 2021)

Literatur
- Kloptock T: Mitochondriale Erkrankungen, Dt. Ärzteblatt 2021, 118(44)741-47
- Scudellari M. Ein raffinierter Krankheitserreger SpdW 12/2021:39-45.
- Martínez-Colón GJ et al: SARS-CoV-2 infects human adipose tissue and elicits an inflammatory response consistent with severe COVID-19, BioRxiv preprint 12/2021
- Valdés-Aguayo JJ et al: Mitochondria and Mitochondrial DNA: Key Elements in the Pathogenesis and Exacerbation of the Inflammatory State Caused by COVID-19, Medicina 2021, 57(9), 928, Pdf-Download: www.mdpi.com/1648-9144/57/9/928