Kontextwechsel
Menschen, die aus ihrer eigenen in eine fremde Kultur reisen, haben oft eine positive Erwartung. Sie ist je nach Temperament mit Ängsten vermischt. Reisende, Migrant*innen oder Flüchtende wollen „ihr“ Ziel erreichen, mit dem sie positive Zukunftserwartungen verknüpfen. Dafür sind sie manchmal zu großen Opfern und Leistungen fähig.
Das Phänomen Kontextwechsel ist gut untersucht.
Im Glück der Ankunft scheint alles anfangs neu, exotisch, interessant zu sein. Aber oft auch bedrohlich. Über diese Phase des bewussten Fremdseins mit euphorischen und ängstlichen Stimmungsschwankungen kommen die meisten Touristen nicht hinaus, da sie bald wieder abreisen werden. Erst im Rahmen eines längerfristigen Einlebens in eine (oft erzwungene) tägliche Routine werden zahlreiche enttäuschende und frustrierende Erfahrungen erlebt: im Beruf und im Alltagsleben. Daraus folgen auch negative Gefühlsschwankungen. Die „interessanten und bunten Fremden” und ihre kulturspezifischen Lebens- und Umgangs-formen beginnen langsam zu nerven.
Eine persönliche, interkulturelle (und manchmal auch berufliche) Überforderung ist ein notwendiges Durchgangsstadium eines Lernprozesses. Sie spielt sich überwiegend in den ersten Monaten im neuen Lebensumfeld ab. Die Ausgestaltung der Krise variiert je nach Person oder Situation. Abhängig u. v. a. von der vorhandenen oder fehlenden Partnerschaft, der bisherigen Auslandserfahrung, der Lage des Ortes und den Unterbringungsmöglichkeiten etc.
Manchmal scheint diese Phase zu fehlen, wenn
- die Möglichkeit besteht, sich vor Ort in ein Getto mit Menschen aus der gleichen Kultur zu flüchten, oder
- ein rascher Wechsel in einen neuen Kontext erfolgt (neue Exotik oder Rückkehr in das gewohnte Umfeld).