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Initiation und Genitalbeschneidung

Ärzt:innen oder Hebammen erschauern, wenn sie von Genitalverstümmelungen hören, die in weit entfernten Weltregionen praktiziert werden. Sie fragen, wie es sein könne, dass Kinder immer noch mit archaischen Praktiken gequält werden.

Dabei verdrängen sie, dass in Deutschland

  • das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit bei Kindern nicht gesichert ist. (s. § 1631d BGB)
  • die Anatomie und Funktion bestimmter Genitalbereiche (insbesondere Klitoris, Klitoris-Vorhaut und Penisvorhaut) vielen weitgehend unbekannt ist, und dass andere glauben, es gäbe ein Organ ‚Jungfernhäutchen (Hymen)‘. Die Folge sind Fehleinschätzungen bei medizinischen Begutachtungen, und unnötige oder schädigende Eingriffe.
  • die ‚weibliche kosmetische Genitalchirurgie‘ bei nicht einwilligungsfähigen Kindern in Deutschland ein wachsendes Geschäftsfeld darstellt (FGCS, female genital cosmetic surgery, am äußeren Genitale und in der Scheide – AWMF Leitlinie 009/019) und rechtlich nicht geregelt ist.
Unyago: Initiations-Zeremonie (ohne FGM), Bild: Jäger, Tansania 1982.

Diskurse zu weiblicher Genitalverstümmelung klammern in Europa und Nordamerika meist die eigenen, tabuisierten Praktiken der Verletzung der Unversehrtheit bei Kindern in diesen Gesellschaften aus. Diese Doppelmoral wird in anderen Kulturen als rassistisch oder bevormundend empfunden (AlJazeerah 19.03.2024). Archaische Rituale sind dort über viele Jahrhunderte entstanden, als ein Aspekt von Initiation. Sie gehören zu den traditionellen Dogmen.

Alle Kulturen stehen immer wieder vor der Herausforderung, das Wertvolle ihrer Traditionen zu bewahren, und das Schädigende zu lassen. Das Aushandeln kultureller Veränderung ist mühsam und schmerzhaft. Besonders in stark tabuisierten Bereichen.

Die fehlende Sicherung der Unversehrtheit bei Kindern in Deutschland ist dafür ein anschauliches Beispiel.

Unyago in Tansania

In Tansania wird seit vielen hunderten oder tausenden Jahren der Übergang zwischen Kindheit und Erwachsenenalter gefeiert.

Die tansanische Regierung erachtet diese Formen traditioneller Erziehung (Unyago) als einen wichtigen Teil ihrer einzigartigen Kultur. ‚Unyago‘ wird gefördert. Weibliche Genitalverstümmelung ist untersagt.

Vollständiger Artikel

Initiation und FGM in Tansania

Eigene Erfahrung, Daten zu FGM und MGM, evolutionsbiologische Hypothesen, Literatur, Links

Letzte Aktualisierung: 03.05.2024