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24. August 2024

Versorgen, kümmern, pflegen

Hélène Delforge, Quentin Gréban: Mama. Ars edition, München 2019, ISBN 978-3-8458-2992-0

Zitat: „Wenn ein Patient erkältet ist, wenn er Fieber hat, wenn er schwach ist, wenn ihm nach der Nahrungsaufnahme übel ist, wenn er sich im Bett wund gelegen hat, dann liegt das im Allgemeinen nicht an der Krankheit, sondern an der Pflege.

If a patient is cold, if a patient is feverish, if a patient is faint, if he is sick after taking food, if he has a bed-sore, it is generally the fault not of the disease, but of the nursing.“ 

Florence Nightingale 1820–1910

Inhalt

  • Säugetiere kommunizieren
  • Menschen sind Tiere, die zu Liebe fähig sind
  • Mütter (und Väter)
  • Großmütter und Hebammen
  • Heiler:innen und Ärzt:innen
  • Sich selbst beruhigen
  • Stellenwert der Pflege in der modernen Medizin

Säugetiere kommunizieren

Sie kümmern sich um ihren Nachwuchs, und stillen ihn. Dafür benötigen sie ein höher entwickeltes „Mittelhirn“. Säuger sind fähig, die Bedeutung äußerer und innerer Signale zu bewerten.

Krokodilen und Schlangen fehlen solche Hirnstrukturen. Emotionen sind ihnen fremd.
Selbst ausgeklügelte Rituale, um emotionale Reaktionen auszulösen, führen bei ihnen zu keinem Ergebnis.

Säuger teilen sich ihren Artgenossen mit. Sie gehen Beziehungen ein, beruhigen sich und andere. Das Gefühl, in einer innigen Beziehung geborgen zu sein, normalisiert bei den Kindern, und auch noch später bei Erwachsenen, Herzschlag, Atmung und Immunsystem.

Ein Neugeborenes muss Urvertrauens entwickeln, gegenüber der Mutter oder anderen geliebten Menschen. Später muss es seinen Lehrer:innen und Ärzt:innen glauben, dass sie ihm wohl-wollen. Wenn dann die Anregung der Ausschüttung von Mittelhirn-Hormonen Sicherheit vermittelt, werden bei ihnen drohende äußere Belastungen besser bewältigt. Ihre Zellen agieren weniger aufgeregt und arbeiten effektiver.

Menschen sind Tiere, die zur Liebe fähig sind

Lange, bevor Scham:innen Heilungsrituale vollzogen, wurden Menschen von anderen Menschen unterstützt, gepflegt und auch geheilt (Moodie 1922). Ohne gegenseitige soziale Unterstützung wären die Vorläufer des Homo sapiens wären in der Evolution aussortiert worden. Liebevolle, andere versorgende Beziehungen sind für Menschen typisch. (Humberto Maturana)

Hirnleistung und Bewegungskompetenz waren dagegen bei denen Neandertalern mindestens ebenso ausgeprägt. Vormenschen fehlten aber Sozialkompetenzen, die bei Menschenkindern bereits sehr früh auftreten. Deshalb lebten sie nur in kleinen Familiengruppen mit direkt vermittelter Hierarchie. Zur Bildung größerer Stammesverbände waren sie nicht in der Lage. Denn dazu müssen weit voneinander entfernte Gruppenmitglieder, die unterschiedliche Aufgaben erledigen, die Vorstellung anderer in sich tragen, die sie nicht direkt erfahren können. Menschen sahen oder hörten etwas in sich, was sie mit anderen verband und ihr Handeln bestimmte.

Zwar können auch Wölfe (u. a.) enge Beziehungen eingehen, und in Trance die individuellen Grundinteressen dem Gruppenüberleben unterordnen. Aber nur Menschen können ihre starken Bindungen über lange Zeiträume behüten und pflegen. Auch wenn sie sich in der direkten Kommunikation weder sehen noch hören. Bei Menschen bleiben die stark gefühlten Verbindungen auch dann stabil, wenn sich die Partner:innen länger nicht begegnen können.

Dieses charakteristische Verhaltensmuster beschrieb die griechische Mythologie als Auftauchen der Brüder Eros, Pothos und Himeros: Liebe, Sehnsucht und Verlangen. Sie werden u.a. vermittelt durch die Ausschüttung der Hirnbotenstoffe Oxytocin und Dopamin. Sie werden ausgeschüttet bei der Vorstellung von Geborgenheit und der Illusion, dass eine Befriedigung oder Belohnung warte. Die Vision einer fernen Möglichkeit des Glücks mit den anderen treibt an. Dafür lohnt es zu arbeiten, sich aufzuopfern und manchmal auch zu sterben. Unmittelbare Bedürfnisbefriedigungen, wie sie Alpha-Affen erzwingen, um danach zu erschlaffen, nutzen der Gruppe wenig.

Bei Völkern, die bei ihrer Entdeckung noch in der Früh-Steinzeit lebten, ist bekannt, dass sie durch Ritzen, Tätowieren, Stechen, Körper-stilisieren oder Mustereinschneiden die Zugehörigkeit zu ihrer Gruppe markierten. Diese sichtbaren Zeichen lösen Assoziationen der Bindung aus. Sie symbolisierten die Bedeutung der vertrauten Stammesmitglieder. Deren Überleben ist mindestens so wichtig wie die Sorge um sich selbst. Deshalb sorgen Menschen füreinander. Sie kümmern und pflegen sich.

Mütter (und Väter)

Eine schwangere Frau und das in ihr keimende Leben sind eins. Psyche, Körper, Uterus, Fetus, Mutterkuchen: Alles ist verwoben und wechselwirkt in einem einzigen harmonisch geordneten Organismus.

Allmählich beginnt das Ungeborene mit zarten eigenen Aktionen, wie Bewegung oder das Ausstoßen von Fruchtwasser, das in den Rachenraum hineingeflossen ist. Am Ende der Schwangerschaft beginnen Mutter und das Ungeborene sich nach körperlicher Trennung zu sehnen. Die Geburt vollzieht eine Trennung in zwei selbstständige Einheiten. Unmittelbar danach wird diese Auftrennung in Zweiheit gewandelt: Die Mutter gewährt Schutz, sichert die Versorgung und ermöglicht eigene Entwicklung. („Bonding“) Es entsteht eine neue Qualität intensiver Vertrautheit und Geborgenheit. Eine symbiotische Beziehung zweier, die sich intensiv beeinflussen.

Die Qualität der Bindung zur Mutter prägt das Kind psychisch-körperlich-mikrobiell. Wachstum und Gedeihen aller Zellen des Kindes hängen davon ab.

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Bonding. Bild: Jäger 2017

Die Nähe zur Mutter strahlt Sicherheit aus: Herzschlag und Atmung normalisieren sich. Das Immunsystem wird beruhigt und gedämpft. 

Die Sorge der Mutter besänftigt alle Körper-Funktionen des Kindes. So kann es Belastungen besser bewältigen. Seine Zellen agieren unaufgeregter und effektiv. Die Mutter ist aufmerksam, zugewandt und wahrhaftig. Das Kind vertraut ihr uneingeschränkt. Es wird diese heilsame Beziehung lebenslang erinnern. Und sich später bei Krankheit danach zurücksehnen.

Die Erinnerung an diese Ur-Beziehung tragen Heranwachsende in sich, wenn sie später Heiler:innen oder Ärzt:innen aufsuchen. Sie sehnen sich dann nach „mütterlicher Geborgenheit“, ein Gefühl, das in Japan Amae genannt wird. Ein Begriff, der abgeleitet wird von dem Tätigkeitswort <ameru>: sich verwöhnen lassen. Er bezeichnet das Glück geborgen zu sein in einem Schutzraum, in dem man vertrauen, entspannen und heilen darf. Bedingungslos geliebt, ohne Schuldgefühle und Zwang. Gehalten von einer strengen Mutter, die klare Grenzen steht, Regeln aufstellt und sagt, was zu tun ist. Denn nur sie versteht den Zusammenhang.

Großmütter und Hebammen

Bei Menschen leben Frauen weiter, auch wenn sie nicht mehr gebären können. Das ist bei Schimpansen nicht so.

Diese für Menschen typische evolutionäre Anpassung wird Großmutter-Hypothese genannt (George C. Williams). Danach seien ältere Frauen für die Unterstützung bei der Aufzucht der allein lebensunfähigen menschlichen Kleinkinder erforderlich gewesen. Sie linderten Krankheitserscheinungen durch liebevolle Pflege und kannten vermutlich auch Massagen, Nahrungsmittel, Tees und Kräuter, die sich als nützlich erwiesen hatten. Unbestritten ist, dass ältere Frauen in allen menschlichen Kulturen eine zentrale Rolle in der einfachen familiären gesundheitlichen Grundversorgung spielen.

U. a. für die Begleitung einer Frau unter der Geburt:

Die Sterblichkeits-Risiken bei menschlichen Geburten liegen deutlich höher als bei anderen Affen. Das Wachstum des kindlichen Gehirns erzwingt einen „eigentlich viel zu frühen“ Geburtszeitpunkt. Das Becken ist relativ eng. Weil es sich in Anpassung an die Erfordernisse des aufrechten Ganges entwickelte. Aufgrund dieser mechanisch ungünstigen Gegebenheiten musste sich die Geburtsdynamik verändern, damit die verformbaren Schädel der Menschenkinder mit dem Hinterkopf zuerst geboren werden. Im Gegensatz zu Affengeburten.

Die menschlichen Babys schauen bei der Geburt von der Mutter weg. Das ist unter mechanischen Gesichtspunkten ungünstig. Denn bei einer hockenden Haltung droht das Köpfchen in Richtung des Darmausganges der Mutter abzukippen.

Die Mutter kann dann das Köpfchen nicht erreichen, um das Kind aufzunehmen und zur Brust zu führen. Sie kann also die letzte Geburtsphase nicht allein leiten und müsste darauf hoffen, dass das Kind von selbst auf den Boden gleitet, um es dann aufzunehmen. Gelänge das nicht, verlängerte sich die Austreibungsphase, was das Sterblichkeitsrisiko des Kindes und das Verletzungsrisiko des Beckenbodens der Mutter (und damit auch ihr Risiko zu sterben) deutlich erhöhen würde.

Offensichtlich haben Menschen die hochgefährlichen Geburtsvorgänge in der Steinzeit überstanden, und nur von diesen Überlebenden stammen wir ab.  Es muss also möglich gewesen sein, die geschilderten Risiken bei menschlichen Geburten zu senken. Naheliegend wäre die Begleitung der Gebärenden durch eine erfahrene Person, die sich mit Geburten auskannte, die die Frau in Wehen versorgte, und die das Kind in der Endphase annehmen konnte.

Es ist nicht unwahrscheinlich, dass schon Vorläufer des Homo sapiens, wie Australopithecus afarensis, auf primitive Formen der Hebammenhilfe angewiesen. (Choi 2017, Gruss 2015)

Nach der Geburt sorgte der direkte Haut-zu-Haut-Kontakt mit der Mutter für das Überleben. Kinder werden deshalb in vielen traditionellen Kulturen bis heute bis zu zwei Jahren getragen und gestillt. Auch in modernen Kliniken ist der enge Kontakt zur Brust der Mutter (Känguru-Methode) hinsichtlich spezifischen Therapien deutlich überlegen. Sind punktgenaue Interventionen dennoch notwendig, müssen sie von systemischen, Sicherheit-vermittelnden Maßnahmen begleitet werden, damit die Heilungsprozesse günstig verlaufen können.

Heiler:innen

Aus der Hirnforschung ist bekannt, dass vollkommen Inhalts-freie Pillen psychologisch wirken. Auch dann, wenn den Betroffenen der Effekt der Hirnchemie genau, ohne zu beschönigen, und er ihnen vollkommen transparent erklärt wird.

Das Immunsystem muss für Heilungsprozesse beruhigt werden. Es ist aber dem Bewusstsein nicht zugänglich. Die Entstehung einer „heilsamen“ psychologischen Einstellung kann aber von außen durch eine ausreichende Qualität der ärztlichen Kommunikation angestoßen werden. Heiler:innen können vollziehen oder anleiten, die umso besser wirken, je sinnvoller sie erscheinen.

Wichtig ist, dass Patient:innen sich in Sicherheit fühlen, Vertrauen entwickeln und dann so handeln (oder sich behandeln lassen), „als ob“ es etwas gäbe, das die Wirkung in sich trage. Allein die Vorstellung, dass etwas „so sei“, verändert die innere Einstellung.

Das entspricht der Alltagserfahrung:

Beim Segeln erzählt man sich, dass es eine Kugel gäbe, die im Osten auf und im Westen untergehe. Das tut sie natürlich nicht. Es ist aber für die Lebenspraxis vollkommen ausreichend, zu glauben, dass es „so sei“. Wie „wie es (tatsächlich) ist“ hat für praktisches Handeln meist keine Bedeutung.

Es sind allein die Vorstellungen, Bilder, Sprach-Melodie, Erinnerungen u. v. a., die eine Ausschüttung von Hirnbotenstoffen auslösen. Die Kraft dieser inneren Visionen kann „Berge versetzen“. (Humphrey 2011)

Der Gesundheits-Manager

Menschen scheinen einer Erlaubnis bedürfen, um heilen zu dürfen. Nicolas Humphrey konstruierte für diese innere Instanz einen Gesundheits-Manager (Health Manager“)

Bei Heilungsprozessen seien immer viele, wenig koordinierte Prozesse und Programme beteiligt, die dafür sorgen können, dass eine Krankheit überwunden wird oder eine Verletzung ausheilt. Ein Menschen-typisches Hirnprogramm („Health Manager“) würde innere Körpersignale wahrnehmen. Es würde den Krankheitszustand beurteilen, und die Wahrscheinlichkeit, dass eine bestehende Störung des Gesundheits-Zustandes mit sozialer Unterstützung bewältigt werden könnte.

Wären die Chancen dafür gering, verhielte sich der „Health Manager“ pessimistisch, und verschlechterte damit die Krankheitssituation. Zum Beispiel, wenn ein Mensch zur Last wurde, und als zu schwach, zu alt oder zu krank zurückgelassen werden musste. Dann wäre es auch für Betroffene günstig gewesen, schnell zu sterben. Das galt vermutlich auch für ein Neugeborenes, dessen Mutter bei der Geburt verstarb. Oder für einen Zwilling, der sterben musste, damit sein Geschwister an der Brust genügend Milch fand.

Würden Kranke oder Verletzte qualitative Unterstützung erfahren, die den Glauben vermittelten, dass alles gut werde, flackerte Optimismus auf, und ermöglichte so, dass alle an der Gesundheit beteiligten Funktionen optimaler arbeiten könnten. Das geschah besonders dann, wenn Erkrankte für das Überleben unersetzbar erschienen. Dann musste ein sehr hoher Aufwand für psychische und körperliche Unterstützung betrieben werden, den der Stamm zu tragen hatte.

Der unbewusste „Gesundheits-Manager“ würde einerseits innere Körpersignale registrieren, die über den Krankheitszustand berichten (sogenannte Zytokine) und auf der Basis vergangener Erfahrungen einschätzen, wie hoch die Wahrscheinlichkeit sei, dass ihm als Krankem kompetente soziale Unterstützung zuteil werde.

Eine anatomisch-physiologische Grundlage für Humphreys „Health Manager“ sind Schaltkreise im Mittelhirn. Dort werden die entscheidenden Botenstoffe des „Placebo“-Effektes (Dopamin, Serotonin, Endorphin, Oxytozin) und des „Nocebo“-Effektes (Cholecystokinin) ausgeschüttet, die über das Stammhirn das Herz-Kreislaufsystem und das Immunsystem beruhigen. Gelänge das, würden alle an der Gesundheit beteiligten Funktionen optimal arbeiten können. (Beispiel: Geschichte der Krebspatientin Keswick Jencks)

Möglicherweise könnte die anatomisch-physiologische Grundlage für Humphreys „Health Manager“ im Mittelhirn liegen, und in der Endstrecke u.a. über den Vagusnerven laufen.

Auslösung heilsamer Effekte

Das Immunsystem beeinflussende, chemischen Reaktionen des Gehirns werden durch empathische Mimik, Gestik, Körperhaltung, Berührung, Sprache u. v. a. ausgelöst.

Aber auch selbst durch nüchtern-kalte, technische Interventionen. Wenn dem Experten und Urheber des angewendeten Rituals vertraut wird. Denn auch dann beruhigt der Glaube, dass etwas Heilsames geschehe, unbewusste das Gehirn, und damit indirekt auch das Immunsystem. Vollkommen unbewusst.

Die Wirkung aller Formen medizinischer Behandlungen beruht auch auf der Art ihrer Anwendung. Es ist die Auslösung eines starken Effektes, der erstmals geprägt wurde, als ein Kind die Liebe und Sorge spürte, die seine Mutter ihm entgegenbrachte. Eine Mutter, die Kind tröstete und kuschelte, mag ihm zusätzlich auch von einer Fee erzählen, die den Bauchschmerz wegzaubern werde. Bei der, ihr Kind liebenden, Mutter war dieser „Schwindel“ ist aber nur Beiwerk.

Nicht so bei Heiler:innen, die später die psychologische Mutterrolle übernehmen. Sie überhöhen gern den „kleinen Betrug“, um die Wirkung ihres Tuns zu verstärken. Besonders wenn die Mittel, die sie zu bieten haben, um zielgenau zu heilen, schwach sind. Dann vermitteln sie gern Illusionen, dass ihr Mittel eine ‚magische Kugel‘ sei.

Sich selbst beruhigen

Erwachsene wären eigentlich in der Lage, sich selbst zu beruhigen. (Laranjera 2022) Sie könnten ihren ‚Gesundheits-Manager‘ auch von sich aus optimistisch stimmen. Zum Beispiel, wenn sie (aus sich heraus) einen Sinn an in ihrem Weiterleben erkennen würden.

Luke Fildes: The Doctor, 1887 Der Arzt tut nichts (spezifisches), und aber aufmerksames, waches Dasein gibt Hoffung (Lichtstrahl im Fenster rechts), und (indirekt) Heilenergie.

Dazu müssten sie sich geduldig selbst vertrauen. Die Informationsverarbeitung der höheren Gehirnteile müsste zur Ruhe kommen und verebben. Besonders die Todesangst. Erst, wenn das Gehirn weder denkt noch handelt, funktioniert das Immunsystem. Zum Beispiel, wenn man schläft.

Arthur Bloch 1948: „Think positive!“. Hilft das? Leider nicht. Zellen, die denken, und andere die heilen, sind nicht direkt verkabelt.

Alle Patient:innen könnten sich fühlen, spüren und hören, was ihre Zellen gerade brauchen. Sie könnten sich etwas Gutes gönnen, und Unnötiges lassen.

Das Immunsystem ist für das Bewusstsein nicht zugänglich. Deshalb nutzt positives Denken nichts. Im Gegensatz zu einer heilsamen Einstellung, die von bewegter Achtsamkeit begleitet und vom persönlichen Zellsystem verstanden werden kann.

Stellenwert der Pflege in der modernen Medizin

Erinnerungen an innige Mutterkindbeziehungen beeinflussen Gesundheit und Resilienz bis ins hohe Erwachsenenalter. Sie werden bei Patient:innen wach gerufen durch Gespräche, symbolische Handlungen oder Berührungen, die Beziehung und Vertrauen vermitteln. Sie aktivieren Schaltkreise im Gehirn der Erkrankten, die ihnen eine Vorstellung einer positiven Zukunft vermitteln.

Wenn bei Patient:innen dann Gefühle aufkeimen, dass „es sicher gut werde“, beruhigt sich u. a. das Immunsystem. Und geht kontrollierter, ruhiger und sorgsamer mit Belastungen um.

Dieser reine Effekt der Pflege wird in Deutschland unterschätzt, seit die Medizin im 19. Jh. von der Keim-Theorie und Kriegs-Euphorie wird. In England ist das anders. Dort hat Nursing eine den ärztlichen Tätigkeiten gleichrangige Funktion. Während Pflege in Deutschland als Hilfsberuf gilt, der Anweisungen von Ärzt:innen ausführt. Eine der Gründe für diesen Unterschied ist der Erfolg der Krankenschwester Florence Nightingale: Sie setzte auf der reinen Pflege- und Versorgungseffekt und verbot es Ärzten, ihre Einrichtungen zu betreten. Damit gelang es ihr, die Sterblichkeit erheblich zu senken. Ganz im Gegensatz zu Ärzt:innen, die Cholerakranke mit Aderlass und Wasserentzug zu Tode quälten. Oder die 100 Jahre später Cholerabakterien mit Antibiotikagaben zu vernichten versuchten, und dabei wiederum die Sterblichkeitsraten erhöhten.

Ein anderes Beispiel für den Nutzen der reinen Pflege, ohne spezifische Therapien, die die Influenzaepidemien von 1976 und 2009 und die Corona 2020-2022. Auch hier wurden Mittel der Bekämpfung von ‚Keimen‘ erheblich überschätzt, und die einfachsten pflegerischen Maßnahmen guter Versorgung sträflich vernachlässigt.

Das kann sich ändern. Denn die Digital-Konzerne setzen auf das Ersetzen von Ärzten durch kompetente Pflegekräfte (Doktor-nurse-substitution).

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Literatur

Letzte Aktualisierung: 01.09.2024