16. August 2024

Hände

Hände
Cueva de las Manos, Perito Moreno, Argentina. Alter: 10-15.000 Jahre

Sprechen begann mit zeigen und berühren

Im Gehirn nehmen Wahrnehmung und Steuerung der Hand so viel Platz ein wie das Gesicht. Viele Wissenschaftler:innen glauben,

  • die Gesten der Hand die Grundlage der Sprachentwicklung bilden (siehe unten),
  • die Hand- und Körpermotorik der Entwicklung der motorischen Programme der Kehlkopf-Steuerung vorausging, und
  • bereits intensiv kommuniziert wurde, bevor die ersten gesprochenen Worte und Sätze gebildet werden konnten. (Wilson 2001)

Geschickt oder gewandt

Tiere können sich mit ihrem ganzen Körper elegant und effizient bewegen. Einige von ihnen können sogar zielorientiert und geschickt mit Dingen zu hantieren. Rabenvögel z. B. können mit Werkzeugen nach Gegenständen angeln.

Vor wenigen Millionen Jahren gelang es erstmals menschenähnlichen Affen, die Aufmerksamkeit über die Hand hinaus in einen Gegenstand fließen zulassen, so als sei dieser ein Teil ihres Körpers. Diese Erfahrung der Körpererweiterung und des Gestaltens muss beglückend gewirkt haben. Moderne Menschen können darüber gewandt, zeit- und Raum-entrückt, im „Flow“ des Gestaltens mit einem Gegenstand verschmelzen und Emotionen und Hunger vergessend, durch ihn hindurch fühlen.

Die bewusste Wahrnehmung der Hand erweitert sich über das Ding, den Stock, den Stein, mit dessen Spitze jetzt gefühlt wird: Die Bewusstheit fließt dabei weit über die Körpergrenze hinaus.

Handarbeit
Gewandtheit: Handarbeit im Flow
(Bild: Konrad s.u.)

Diese Art der Kommunikation mit der Umwelt ist so wichtig, dass sie am Kern des evolutionsgeschichtlich älteren Mittelhirns in einer Datenautobahn vorbeirauschen muss, damit Bewusstheit und Emotion nicht mit störenden Gefühls-Impulsen dazwischenfunken. Uns wird also erst im Nachhinein „bewusst“, was unsere Klavierspielende Hand da so alles tat. Mit etwas Übung können wir mit der Hand ebenso verständlich reden wie mit der Stimme, besonders intensiv, wenn wir im Kontakt direkt in den anderen hineinfühlen können. Handarbeit und Kunsthandwerk wird trotzdem nur selten als Hochintelligenzleistung wahrgenommen. Entfällt sie aber, verkümmern die „grauen Zellen“.

Aus der Abfolge komplexen Hand-Fertigkeiten kann ein Bewegungsfluss entstehen, gleichsam ein Tanz mit den Dingen.

„… Wenn der Wagenradmacher ein Rad aus-stemmt und geht zu langsam vor, ist die Arbeit zwar einfach, aber nicht solide. Wenn er zu schnell vorgeht, ist die Arbeit bitter und nicht passend. Weder zu langsam vorzugehen noch zu schnell: so geht es von der Hand und entspricht Gegebenheiten …“
Zhunagzi ~350 vuZ (Wohlfart)

Mehr

Letzte Aktualisierung: 18.08.2024