Eros (Liebe, Gender)
Inhalt
- Eros (Aufstieg und Niedergang)
- Geschlechter: Same, same, but different
- Eros (Hintergründe)
- Ist Krieg männlich?
- Lysistrata: „Der Krieg ist eine Sache der Männer!“
- Reine Schönheit –
- Todes-Angst
… Love is a fever And its burning me alive It can’t be tamed or satisfied There is no mercy For the fallen or for the weak Love is a nasty word to speak .. Song von Beth Hard Love is a lie sucking you dry | I’ve got a good mind to give up living, and go shopping instead To pick up me a tombstone, and be pronounced dead … Song von BB King |
Die Sprache des Homo sapiens
We human beings are love dependent animals.
Humberto Maturana (Biologe)
Die Evolution erzwingt starke Programme für das Gelingen der Partnerwahl. Die Kommunikation mit anderen (zum Zweck der Reproduktion) muss den eigenen Interessen übergeordnet sein. Selbst angesichts des Todes. Folglich belohnt das zentrale Nervensystem Balz-Verhalten besonders stark. Unsere Vettern (die Bonobos oder Zwergschimpansen) nutzen Sex nicht nur zur Vermehrung, sondern weil es ihnen Spaß macht. Und weil es ihre sozialen Beziehungen stabilisiert. Menschen dagegen mussten (früher) erst erhebliche Hürden überwinden, bis ihnen (manchmal) gestattet wurde, Lust oder gar Liebe zu erfahren.. Und weil es ihre sozialen Beziehungen stabilisiert.
Menschen dagegen mussten (früher) erst erhebliche Hürden überwinden, bis ihnen (manchmal) gestattet wurde, Lust oder gar Liebe zu erfahren.
Die ersehnte Banane der Lustbefriedigung baumelt bei den Bonobos direkt vor der Nase. Beim Menschen hängt sie weiter entfernt: Überdeutlich sichtbar, könnte sie auch (fast) erreicht werden. Aber nur unter erheblichen Kraftanstrengungen und nach der Überwindung großer Gefahren.
„Das Glückshormon Dopamin hat nichts mit der Vergangenheit zu tun (mit der Erfahrung einer Belohnung), sondern nur mit der Vorstellung der Zukunft.“ Frei zitiert nach R. Sapolski
Homo sapiens-Menschen gehen starke Bindungen ein.
Die Griechen nannten die für Menschen typische Form der Kommunikation Eros. Mit dem Erscheinen von Eros begann in ihrer Schöpfungsgeschichte die universelle Dynamik menschlichen Handelns.
Die Griechen nannten die für Menschen typische Form der Kommunikation Eros. Mit dem Erscheinen von Eros begann in ihrer Schöpfungsgeschichte die universelle Dynamik menschlichen Handelns.
Eros wurde begleitet von Pothos und Himeros. Nicht etwa von Lust und sexueller Befriedigung, sondern von Sehnsucht und Verlangen.
„Das Schönste ist, wonach sich einer in Liebe sehnt.“ Sappho (630-570 v.u.Z.)
Menschen können sich (weit entfernte) geliebte Personen vorstellen. Und sehnsuchts-voll, leiden-schaftlich so handeln, als ob diese uns dabei zusähen. Die Hoch-Spannung zu einem Liebesobjekt liefert Energie für heldenhafte Leistungen (genauer: u.a. Dopamin-Ausschüttung). Die Anlage für diesen menschlichen Liebes-Dynamo scheint genetisch vererbt zu werden. Kulturell wird sie aber (abhängig von der Art der sexuellen Orientierung) sehr unterschiedlich ausgeformt (Young 2009).
Erotik kann man bestimmen als das Ja-Sagen zum Leben bis in den Tod. ..
Es gibt keine Liebe, wenn sie in uns nicht wie der Tod ist.“ Georges Bataille. Die Erotik. 1994
Ist Eros am Ende?
Eros fördert helden- und heldinnen-haftes Verhalten. Er eigene Tod wird für eine Geliebte oder einen Geliebten lächelnd in Kauf genommen (Schneiderlein).
Oder man sucht den gemeinsamen Tod sucht, weil die Gesellschaft ein Zusammenleben verwehrt (Romeo & Julia).
Oder man mordet, weil ein Verlust mit einem eigenen Leben nicht mehr vereinbar wäre. (Carmen)
Erotik bedeutet Todesnähe
Eros ist ein großes Versprechen einer fernen Befriedigung, für die es sich lohnt zu sterben. Folglich: eher weniger Gelegenheit für realen Sex.
Alle (menschheits-geschichtlich jungen) Weltreligionen sind sich deshalb einig, dass diese gefährlich-explosive Art des Liebens als Sünde verdammt werden muss.
Zumal Frauen in der Erotik Männer dominieren könnten (wie es in China in der Tang-Zeit befürchtet wurde: Ishinpō). Beim Sex ist es möglich, Macht durch Gewalt zu demonstrieren. Erotik dagegen erfordert Intelligenz.
Krieg gegen Erotik
Seit der Mittelsteinzeit, etwa seit 5.000 Jahren, werden starke Liebesbeziehungen als Grundlage gesellschaftlicher Herrschaftsformen bekämpft. Denn in gewaltdominierten Staaten sollte man nicht lieben, sondern gehorchen.
Eros hatte in den erst hierarchisch-strukturierten Stadt-Staaten als gesellschaftlicher Antriebsdynamo ausgedient. Man brauchte kein Heldentum mehr, sondern verlangte Fronarbeit. Ab jetzt war die Sehnsucht sündig und gefährlich. Stattdessen mussten eingetrichterte Befehle befolgt werden. Was zu tun war, bestimmten die Gesetze, Vorgaben und Glaubenskonstrukte. Belohnt wurde mit Geld, Macht-Symbolen, Landschenkungen, Karriereversprechen. Wer sich dem verweigerte, wurde unterdrückt oder vernichtet.
In vielen modernen Gesellschaften gehört seither Sexualität in die Ehe, um der Fortpflanzung zu dienen. Oder in die Bordelle, um sich abzureagieren. In diesen Kulturen werden nur Formen der Liebe akzeptiert, die platonisch-nüchtern-rational-asexuell erscheinen.
Trotz jahrtausendelanger Anstrengungen ist es aber bisher nicht gelungen, die Kraft von Eros ganz zu brechen. Selbst in den finstersten Priester-Diktaturen nicht.
In Kulturen, in denen versucht wird, die Gender-Spannung durch schwarze Umhänge oder Schleier auszulöschen, lenken Henna-Muster den Blick auf schön geformte Zehen, und auf die Lidschatten verführerisch dunkler Augen. Gerade in den Gewalt-Kulturen, in denen die Eros-Dynamik zerstört werden soll, und in denen Sex für Liebende unerreichbar ist, lodert erotisches Feuer besonders stark.
Agonie des Eros
Heute aber geht es dieser ur-menschlichen Kommunikationsform tatsächlich ernsthaft an den Kragen. Denn die modernen kapital- und Markt-bestimmten Gesellschaften benötigen keine Genderrollen mehr:
Ein einziges, „neutrales“ Geschlecht reicht für die elektronische Arbeit, die Aufzucht der Kinder in virtuellen Welten, das Homeoffice und für den elektronischen Freizeitkonsum: Die Androgynie (die Geschlechterähnlichkeit), wie sie Elisabeth Badinter vorschlägt, wird daher im modernen Kapitalismus zum Leitziel der Gender-Entwicklung.
„Geschlechtsidentität ist eine kulturelle Konstruktion, unabhängig davon, welche biologische Bestimmtheit dem Geschlecht weiterhin hartnäckig anhaften mag … Die Geschlechtsidentitäten können weder wahr noch falsch, weder wirklich noch scheinbar, weder ursprünglich noch abgeleitet sein. .. Sie können jedoch radikal unglaubwürdig gemacht werden.“ Judith Butler in „Das Unbehagen der Geschlechter“
Ein weiterer Grund für den Niedergang des Eros ist die Sexualisierung des virtuellen, medial- und mode-geprägten Lebens. Starke Partnerschaften sind für den Konsum sexueller Dienstleistungen eher hinderlich. Früher einmal „heilige“ erotische Rituale werden in der Pornografie profan vermarktet, und bewirken so das Ende des Begehrens. Flirten und aufwendiges Werbungsverhalten werden hinfällig und stören. Entweder man hat (chemisch enthemmt) einen One-Night-Stand miteinander, oder man lässt es eben bleiben.
Erotik ist keine Voraussetzung mehr für sexuelle Begegnungen. Sex (vermittelt durch das Kick-Hormon Dopamin) ist ein integraler Teil der Leistungsgesellschaft geworden: käuflich und abhängig vom Zwang zu Körperoptimierung, Fitness und Styling.
Mit-einander-schlafen, und ineinander gekuschelt die Ausschüttung des Beziehungshormons Oxytocin zu erfahren, mag weiterhin entspannend und Sicherheit vermittelnd sein, ist aber in Zeiten zunehmender Ich-Bezogenheit in weiten, beliebigen Netzwerken weitgehend überflüssig geworden.
Sex wird heute als harmloses Konsumprodukt vermarktet, wie andere Ablenkungs-Produkte und Dienstleistungen auch.
Aber weil der Trieb so stark verankert ist, zelebrieren Männer- und Frauen-Zeitschriften in ihren Bildern die alten Illusionen von Schönheit und Helden-Mut, um damit ihre Modeprodukte zu verkaufen.
Eros, die stark-polarisierte Dynamik zwischen Liebenden, ist in der sexualisierten Konsumwelt zunehmend verpönt. Zwar kommt sie noch als Spannungselement in (alten) Filmen vor, hat aber weitgehend an Bedeutung im realen Home-Office-Leben verloren. One-Night-Stand-Begegnungen, die in Chat-Börsen vermittelt werden, machen den modern-genormten Menschen Spaß, aber sie führen nicht zu bleibenden (liebevollen) Bindungen mehr, für die es sich zu engagieren lohnte.
„Die Krise der Liebe .. (entsteht aus der) .. Erosion des Anderen, die derzeit in allen Lebensbereichen und mit zunehmender Narzissifizierung des Selbst einhergeht. .. Der Andere verschwindet oder wird zum Objekt .. Libido wird in die eigene Subjektivität investiert .. (Aber:) Das Denken im empathischen Sinne hebt erst mit Eros an. Ohne Eros verliert das Denken jede Vitalität, jede Unruhe und wird repetitiv und reaktiv. .. Eros besiegt die Depression.“ Byung Chul Han, „Agonie des Eros“.
Vermarktung toter Erotik
Die Erinnerungen an das versunkene Erotik-Paradies sind auch heute noch omnipräsent: im Marketing, in den Medien, in Filmen, am Bahnhofskiosk und oder auf den Titelseiten der Regenbogenpresse. Wie seit Urzeiten werden Sehnsüchte ausgelöst, die den harten Kampf bis zur Erfüllung rechtfertigen.
Und weiterhin präsentieren sich die Objekte der Begierde gemäß erotischer Grundmuster. Dafür ist auch heute oft kein Opfer zu groß: wie körperliche Quälerei, Botox, Chirurgie, Diäten, und das strikte Befolgen von Trends und Moden.
Geschlechter: Same, same! But different.
Wie viele Geschlechter mag es wohl geben? Viele? (Glamour, Ajouré, abgerufen 23.07.22) Oder doch nur zwei? (Steinhoff&Stirn; Meyer, beide FAZ 20.07.22) Diese Debatte hat kulturelle Gründe (Wagenknecht „Die Selbstgerechten“ 2021). Biologisch betrachtet ist es einfach:
Menschen entstehen aus zwei Keimzellen. Aus der Eizelle der Mutter und dem Spermium des Vaters. Die ersten Zellknäuel, aus denen sich ein Kind entwickelt, enthalten Erbinformationen
- vom Vater, der ein X- oder ein Y-Chromosom beisteuert, und
- von der Mutter, die ein X-Chromosom und zusätzlich die Gene der (bakterien-ähnlichen) Mitochondrien zur Verfügung stellt.
Jeder Mensch trägt folglich mehr mütterliche als väterliche Erinnerungen in sich. Als eindeutig homo-sapiens-typisch gelten nur die Mitochondrien-Gene der Mutter. Die Mitochondrien des Spermium sterben nach der Vereinigung ausnahmslos ab.
Die Chromosomen im Zellkern sind nicht ganz homo-sapiens-typisch, denn sie enthalten auch Gene, die von anderen Vor-Menschen stammen.
Die Vererbung der X- und Y-Informationsstränge bestimmt eines von zwei Geschlechtern. Epigenetisch, hormonell, kulturell, sozial oder durch die Umwelt kann das Geschlecht dann in einem Kontinuum vieler Varianten (anatomisch und physiologisch) ausgestaltet werden. (Ainsworth 2015) Kinder „sind“ also bei Geburt nicht wirklich männlich oder weiblich. Sie „werden“ es in unterschiedlicher Abmischung und Ausprägung.
Die Veränderung der genetischen Vorgaben in der Gebärmutter (Epigenetik) wird durch den Gesundheitszustand und die Lebensumstände der Mutter geprägt. Stress wirkt besonders stark auf die Codierung der Erbsubstanz, u. a. durch die Hormonkonzentrationen, die das Ungeborene erlebt. Nach der Geburt schließlich werden die angeborenen Funktionsweisen kulturell und gesellschaftlich entwickelt und verändert (Mustanski 2015).
In manchen Kulturen war (und ist) die Rolle eines (sogenannten) „dritten“ kulturell-geprägten Geschlechtes sozial akzeptiert. Z. B. kannten die Ureinwohner Nordamerikas sogenannte Berdaches, anatomisch eindeutige Männer, die als Zweitfrau mit einem Krieger verheiratet sein konnten. Berdaches waren als hybride (oft schamanistisch orientierte) Grenzgänger bestens in der Gemeinschaft integriert. Sie füllten eine Frauenrolle aus, und waren so von den Zwängen der spannungsgeladenen Geschlechterpolarisierung befreit. (Lang 1990).
Der Psychoanalytiker Carl G. Jung glaubte, dass Menschen nicht nur in ihren Zellen, sondern auch in ihrer Psyche, beide Varianten des Seins in sich zu trügen. Die Persönlichkeit eines Menschen entspräche einem Geschlechts-Mosaik, das er als „Animus und Anima“ nannte. (Jung, Neumann 1949). Die Gender-rollen würden nach dieser Theorie als archaische Erinnerungen an die Frühzeit in modernen Menschen weiterleben und in der Erziehung nur ungenügend von kulturellen Moralvorgaben überschrieben werden. Und das führe, wie in der Geschichte von Romeo und Julia, immer wieder zu Tragödien.
Unterschiede zwischen Männern und Frauen
Körperliche Funktionen, Stoffwechsel, die der Art der Wahrnehmung und der Informationsverarbeitung ist bei den Geschlechtern verschieden. Die Zellen im Körper unterliegen unterschiedlichen Hormon-Rhythmen.
In der Medizin werden diese Geschlechts-Unterschiede unterschätzt. (Fugate 2014, Morrow 2015) So erhalten Frauen oft Medikamentendosierungen, die sich zuvor nur bei männlichen Studienteilnehmern als sinnvoll erwiesen haben, aber für sie eigentlich nicht passen (Mc Gregor 2014).
Oft werden bei Frauen Herzinfarkte zu spät erkannt, z.B., wenn Patientinnen mit Oberbauchbeschwerden und Übelkeit eingeliefert werden. Dann wird fälschlich vermutet, Herzinfarkte seien eher eine „männliche“ Erkrankung, und äußerten sich (wie bei Männern) mit Brustschmerzen, die in den Arm ausstrahlen.
„Tatsächlich sind Pharmakokinetik und Pharmakodynamik bei den Geschlechtern grundsätzlich verschieden. Das betrifft eigentlich alle Bereiche der Medizin.“ Vera Regitz-Zagrosek (Kardiologin, Gender-Medizin, Charitè) Mehr: International Society of Gender Medicine
Frauen und Männer bewegen sich aufgrund ihrer anatomischen Ausstattungen auch anders:
- U. a. kann ein weibliches Becken besser (vertikal einwirkende) Lasten aufnehmen und abgeben,
- während schmale männlich Beckenknochen besser zum schnellen Laufen und Werfen geeignet sind. (Young 2009, Jäger 2015)
Es gibt psychologische und neurologische Unterschiede (Hines 2010). Es scheint etwa Männern oft leichter zu fallen, sich drei-dimensonal zu orientieren, während Frauen besser Objekte lokalisieren können, um zu ihnen hin zu navigieren. (Lee 2014). Oder Frauen scheinen eher befähigt zu sein, Beziehungsnetzwerke zu knüpfen, während Männer eher zur Bildung von Seilschaften neigen (David-Barrett 2015).
Bei der Betrachtung neurologischer Unterschiede, und des davon scheinbar abgeleiteten Verhaltens, neigen viele dazu, Geschlechter-Unterschiede zu übertreiben (Brizendine 2010). Während andere sie generell als Mythos verwerfen (Dussage 2014, Schmitz 2014, Kleie 2015, Fine 2013, Zell 2015).
„… neuroGenderings“ (critical studies of the sexed
brain) explored the working of neurosexism without dismissing
neuroscience altogether …“ Übersetzungsversuch:
„Nerven-Geschlechtlichkeit (kritische Studien über das sexualisierten
Gehirns) erforschten die Arbeit von Nerven-Versexualisierung ohne die
gesamte Nerven-Wissenschaft abzulehnen …“ Dussage 2012
Vertreter:innen von Hirn-, Psychologie- und Gender-Forschung streiten oft um Positionen, die auf der Basis der Gleichwertigkeit von Geschlechterrollen und sexueller Orientierung überflüssig wären.
Gender Rollen „sind“ nicht (statisch). Sie entwickeln sich und „werden“ aufgrund mitgegebener Anlagen, und der vielfältigen Einflüsse während der Schwangerschaft und nach der Geburt. Es gehört zu den Grundrechten, die persönliche Gender-Rolle – unversehrt – selbst entdecken, ausgestalten und ausleben zu dürfen. Dieses Menschenrecht wird vielfach versagt.
Eros (Hintergründe)
Eros ist ein wesentlicher Aspekt der menschlichen Fähigkeit zu einer besonders stark ausgeprägten Paarbindung.
Bei der Anziehungskraft zwischen Gegensatzpaaren entsteht (wie in der Elektrizität) Hochspannung. Sehnsucht und Verlangen, das eine Erfüllung erreichbar sein könnte, bewirken die Ausschüttung von „Dopamin“. Ein Hormon, das belohnt und beglückt, bevor ein Bedarf befriedigt wurde.
Das Verhaltensmuster „Eros“ setzte sich wahrscheinlich irgendwann vor 40–60.000 Jahren durch, als sich bestimmte afrikanische Menschen vom Rest der Hominiden trennten. Genetisch programmiert erlaubt Eros Menschen „das eigene Selbst“ außerhalb des Körpers spazieren gehen zu lassen: hin zur Geliebten oder zum Geliebten, zu ihren Kindern, oder zur Sippe. Im Prinzip wird bei Eros die „Mohrrübe des Glücksgefühls“ (die einer Dopamin-Welle entspricht, wenn Sex unmittelbar bevor zu stehen scheint) von der Nase weiter weg gehalten wird: So wächst der Ansporn für heldenhaftes, todesmutiges Handeln.
Andere Vor-Menschen, wie die Neandertaler, waren unseren direkten Vorfahren körperlich deutlich überlegen. Außerdem verfügten sie über eine größere Gehirn-Masse als die Homo sapiens-Menschen. Sie waren also weder schwächer noch dümmer. Und außerdem waren sie besser an das raue europäische Klima angepasst.
Trotzdem setzen sich die Homo-sapiens-Menschen durch. Vermutlich wegen ihrer höheren sozialen Kompetenz, die innerhalb ihrer Gruppen Arbeitsteilungen ermöglichte.
Die anderen archaische Menschengruppen bildeten nur kleine Familien-Trupps. Dort herrschten Alpha-Männer oder -Frauen, die anderen direkte Befehle erteilen konnten. Aber diesen Vor-Menschen fehlte ein sozialer Kit, der einzelne Personen auch dann zu einem geeigneten Rollenverhalten zwang, wenn der Chef oder die Chefin außer Sicht- oder Hörweite waren.
Homo sapiens organisierte Stämme von mehreren Hundert Personen mit Lagern, jagenden Gruppen oder anderen Stammesmitgliedern, die Beeren sammelten, oder die Wildgetreide vor den Antilopenherden beschützten.
Niemand musste einem allein jagenden Homo-sapiens-Mann sagen, was er zu tun hatte, um als Held geliebt zu werden: entweder von seiner Angebeteten oder von einem Jagd-Genossen.
Und auch eine junge Frau wusste sehr genau, was zu geschehen hatte, damit sie von dem erfolgreichsten Jäger schwanger werden würde.
Auch erotische Homosexualität war damals (unter dem Aspekt der Evolution und Reproduktion) sinnvoll.
Besonders seit der Jungsteinzeit, in der sich die großen Armeen bildeten. Denn wie bei Alexander d.G., stieg die eigene Überlebenschance, wenn sich geliebte Andere in der Kriegergemeinschaft aufopferten.
Wesentlich für die Funktion des (homosexuellen oder heterosexuellen) Hochleistungsdynamo waren eindeutige (manchmal vielleicht nur vorgespielte) Rollen-Ideale, die klare Verhaltensmuster auslösten.
Aus dem Schein (jemand sei so oder noch heldenhafter oder intelligenter oder schöner) erwuchsen starke psychologische Bindungen, die auch große räumliche und zeitliche Distanzen überstehen. (Carla Bruni: „Jemand hat mir gesagt, dass du mich weiter liebst“, 2019)
Damit ein Dynamo rotieren kann, müssen die Anziehungskräfte von Plus und Minus gleich stark sein. Frauen- und Männerrollen in den egalitären Gesellschaften vor der neolithischen Revolution, waren zwar sehr unterschiedlich, aber ausgeglichen mächtig. (Kriwaczek 2010)
Schwächelte der Held, versagte er, oder zeigte er sich als feige und floh, wurde er kastriert oder zerstückelt. Kriegsgefangenen oder Schwächlingen wurden die Hoden abgeschnitten, um sie so, ihrer Männlichkeit beraubt, der Lächerlichkeit preiszugeben, und um sie zu lebenslanger Fronarbeit zu verdammen. Schon die erste griechische Muttergöttin (Gaia) lies so ihrem Ehemann Uranos (von ihrem Sohn) verstümmeln.
Ältere Frauen waren als erziehende Großmütter unentbehrlich. (Diamond 2006) Machos wurden aber nur selten alt. Ständig herausgefordert von jungen Rivalen starben sie häufig gewaltsame Tode. Junge Krieger, die zauderten, den Heldentod zu sterben, mussten bei dem Gedanken erschauern, was sie wohl erwartete, wenn ihnen ihr Leben wichtiger erschien, als das der Gemeinschaft.
Die Erwartung einer künftigen Belohnung rechtfertigte schreckliche Entbehrungen, und selbst den Tod. Allein ein „schönes Bildnis“ (eine reine Illusion) beglückte bereits. Die Vorstellung erzeugte noch mehr Dopamin als der Sex selbst, und spornte zu höchsten Leistungen an, die alle Gefahren vergessen ließen.
So erhielt mit Eros die Gruppenselektion (des Stammes) eine überragende Bedeutung. Sie wurde wichtiger als die individuelle Selektion „egoistischer Gene“ einzelner Menschen.
Erotik bremst die Sprache der Emotion
Emotion ist Kinderkram.
Gefühle sind Teil säugertier-spezifischer Kommunikationsformen, die Kinder spätestens bis zu ihrem vierten Lebensjahr perfekt beherrschen.
Deshalb verstehen alle Homo-sapiens-Menschen die Ausdrucksformen von Wut, Ärger, Neugier, Freude, Geborgenheit, Trauer, Ekel. Sie können weltweit (ohne Sprachkenntnisse) anderen Menschen sehr klar vermitteln, ob ihre Grundbedürfnisse erfüllt sind, oder erfüllt werden sollen.
Erst nach dem Beherrschen der emotionalen Sprache erlernen Kinder die ernsten Kommunikationsformen der Erwachsenen: Gender-Rollen und eindeutige Wahrheiten. Beides dürfen sie (wegen drakonischer Strafandrohungen) auf keinen Fall (fröhlich) verlachen oder (neugierig) hinterfragen.
Endlos belastbare, steinzeitliche Held:innen und Helden sollten nicht weinen oder gar mit anderen mitleiden. Schon gar nicht mit den Opfern ihrer Raubzüge. Sie sollen siegen, reiche Beute mitbringen und reine, erhabene, entrückte Schönheit ausstrahlen.
Eros ist tot-ernst.
Ist Friede weiblich?
Reine Schönheit, Sünde, Todesangst
Mehr
Links
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- Finzi E: The Face of emotion. 2013
- When women’s rights meet botox – What would a feminist do? Podcast, Guardian 15.10.2016
- Chimamanda Ngozi Adichie: We should all be Feminists. TED 2013
- Eros dopamin-gesteuert: Una musica brutal (Gotan Project)
- Eros Oxytocin-gesteuert: Gernhåbn tuat guat
Literatur
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